MÖBELFERTIGUNG: Ehrgeiziges Ziel: Ansprechpartner Nr. 1 werden

von 16. Oktober 2020Allgemein

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Es ist sicherlich nicht die einfachste Zeit – während der weltweiten Corona-Pandemie – in der
Stefan Katzer mit seinem neu gegründeten Unternehmen Atmos Vakuumpressen den
Geschäftsbetrieb aufgenommen hat. Doch der Holzbearbeitungsmaschinenspezialist lässt sich
dadurch nicht beirren, hat konkrete Pläne, einen guten Maschinenproduzenten zur Seite, ein
verlässliches Netzwerk und vor allem ein klares Ziel vor Augen. Die „möbelfertigung“ hat mit
Katzer über seine junge Firma gesprochen.

möbelfertigung: Herr Katzer, Sie haben am ersten August den Geschäftsbetrieb von Atmos Vakuumpressen aufgenommen. Können Sie kurz Ihren Werdegang im Bereich der Holzbearbeitungsmaschinen beschreiben – und wie Sie letztlich dazu gekommen sind, sich intensiver mit Vakuumpressen zu befassen?


Stefan Katzer: Meine ersten Erfahrungen mit Holzbearbeitungsmaschinen habe ich Ende der 90er Jahre während meiner Ausbildung zum Zimmerer mit Schwerpunkt Treppenbau gemacht. Im Jahr 2004 wechselte ich dann in den Vertrieb zur Felder KG und betreute holzverarbeitende Unternehmen von der Niederlassung Hof aus. Hier habe ich auch meine ersten Vakuumpressen verkauft, ahnte damals aber noch nicht, dass diese Maschinengattung später mal zu meiner Berufung werden sollte.

Nach gut acht Jahren wurde es Zeit für eine neue Herausforderung, welche ich ab 2013 bei der Barth GmbH fand. Von den drei Sparten Hubtische, Vakuumpressen und Verleimpressen hat mich die Vakuumtechnik von Anfang an in Ihren Bann gezogen. Das Leuchten in den Augen der Kunden, wenn sie die ersten Verleimungen mit der Vakuumpresse durchführen, ist für mich immer etwas ganz Besonderes.

2017 erfolgte dann der Wechsel zur MSM Maschinenbau GmbH, welche bis zu meinem Wechsel die Vakuumpressen für Barth produzierte. Dort habe ich den Direktvertrieb von Null aufgebaut und habe mich zusätzlich um Marketing, Produktentwicklung, Liquiditätsplanung und die Messeteilnahmen gekümmert.

möbelfertigung: Wann entstand die Idee mit dem eigenen Unternehmen und wie kam die Partnerschaft mit Global Vacuum Presses aus Valencia zustande?


Stefan Katzer: Die Überlegung mit der Firmengründung ist im Laufe der letzten Jahre mehr und mehr in mir gereift. Wenn man eine Vision vor Augen hat, den Markt sehr gut kennt und Entwicklungen immer besser einschätzen kann, dann macht es irgendwann einfach Sinn, alle Entscheidungen selbst treffen zu können. Denn gerade bei einem Nischenprodukt wie der Vakuumpresse muss man oft außergewöhnliche Wege gehen, die für Außenstehende auf den ersten Blick nicht immer nachvollziehbar sind. Aus diesem Grund sind die hierbei entstehenden Kosten und damit verbundenen Chancen einem Vorgesetzten nur schwer zu vermitteln.

Die Kooperation mit Global Vacuum Presses kam im Jahr 2017zustande, weil Anton Nabuurs, der Geschäftsführer von Global, auf der Suche nach einem Vertriebspartner für den deutschsprachigen Raum war. Durch seine 30-jährige Erfahrung mit der Vakuumtechnik war diese Partnerschaft von Anfang an eine große Bereicherung für mich, denn ich lernte viel Neues über Anwendungen innerhalb und vor allem auch außerhalb der Holzbearbeitungsbranche.


möbelfertigung: Wie gesättigt ist der Markt im Bereich der Vakuumpressen und wo sehen Sie große Chancen mit Ihrem Markteintritt? Was möchten Sie bieten, was Marktbegleiter möglicherweise nicht können?

Stefan Katzer: Die Frage nach der Sättigung ist schwer zu beantworten. Ich denke, dass viele innovative Betriebe inzwischen die Vorteile einer Vakuumpresse in Bezug auf Wertschöpfung und Individualisierung verstanden haben und auch in eine entsprechende Technik investiert haben. Es besteht meiner Meinung nach aber immer noch eine gewisse Berührungsangst bei vielen Anwendern, welche ich in Zukunft durch Workshops und Schulungen in den Betrieben Stück für Stück abbauen möchte. Ich möchte hier mit meiner Firma über den reinen Vertrieb hinaus gehen, und durch diese Anwenderschulungen die Akzeptanz für die Vakuumtechnik erhöhen. Mein Ziel ist es außerdem, die Vakuumpresse fest in den Lehrplan an den Berufsschulen zu integrieren. Dies ist sicherlich eine große Herausforderung, der ich mich aber gerne stelle.


möbelfertigung: Wodurch zeichnen sich die Anlagen von Global aus?


Stefan Katzer: Die massiven Schweißkonstruktionen sind sicher ein Markenzeichen, wofür Global weltweit bekannt ist. Inzwischen hat Anton Nabuurs seine Maschinen in 92 Länder verkauft und zählt Firmen wie Rolls Royce und Bentley zu seinen Stammkunden. Der Anspruch an Qualität und Prozess-Sicherheit ist in den Märkten Automotive und Composite wesentlich höher, als in der Holzbearbeitungsbranche. Die hier gewonnenen Erfahrungswerte fließen aber logischerweise bei den Weiterentwicklungen der Standardmaschinen mit ein. Bei Global ist man seit jeher bestrebt, jeden Aspekt der Vakuumpresse zu optimieren.

So werden beispielsweise für die Arbeitsplatten HPL-Vollkernplatten verwendet, welche bei einer Standardgröße von 3.140 x 1.420 mm mit 24 Ansaugbohrungen versehen sind. Diese Ansaugbohrungen sind mit feinen Kanälen verbunden, wodurch das Vakuum extrem schnell aufgebaut werden kann. Der Druck soll schließlich anliegen, bevor der Leim anfängt abzubinden. Der größte Vorteil der HPL-Platten ist die hohe Widerstandsfähigkeit, zusätzlich lassen sich Leimreste sehr leicht entfernen.


möbelfertigung: Inwiefern ist das Sortiment von Global bereits komplett und wo sehen Sie vielleicht noch Entwicklungspotenzial?


Stefan Katzer: Mit 30 Standardmodellen bei Vakuumpressen und Vorheizstationen würde ich das Sortiment von Global als ziemlich vollständig bezeichnen. Anton Nabuurs und ich sind uns allerdings einig: Einen Vorsprung auf dem Markt sichert man am besten ab, indem man jede einzelne Maschine permanent weiterentwickelt. Der große Vorteil liegt hierbei in der breiten Aufstellung in verschiedenen Industriezweigen. So kommen uns bei fast jedem Sonderauftrag wieder neue Ansätze für Verbesserungen an den Standardmaschinen in den Sinn. Als meine Aufgabe sehe ich es, diese Ansätze in strukturierte Konzepte für die Weiterentwicklung aller Produkte umzuwandeln, und diese dann gemeinsam in sinnvollen Schritten umzusetzen.

möbelfertigung: Automatisierung und Digitalisierung sind auch im Bereich des Maschinenbaus wichtige Stichworte. Wie passt das Produktangebot von Global hier hinein?


Stefan Katzer: In den bereits angesprochenen Industriezweigen Automotive und Composites ist von Haus aus eine höhere Automatisierung gefordert. Und auch bei der Digitalisierung sind die Ansprüche an die Maschinen wesentlich höher, als an eine Vakuumpresse in einem holzverarbeitenden Betrieb. So müssen bei großen Sonderanlagen alle Arbeitsschritte entweder halbautomatisch, also mit jeweiliger Bestätigung nach jedem Arbeitsschritt, oder vollautomatisch ablaufen. Die kompletten Prozesse müssen zudem überwachbar und jeder einzelne Parameter dokumentierbar sein. Ethernet-Schnittstellen und Fernwartung sind in diesen Branchen quasi Standard, und diese Erfahrungen können wir bei industriellen Anwendungen in der Holzbearbeitungsbranche sofort umsetzen und oft auch neue Lösungsansätze bieten.


möbelfertigung: Was empfehlen Sie: Wo macht eine Vakuumpresse in einem Industriebetrieb Sinn und in welchen Fällen sollten auch Handwerksunternehmen sich mit dieser Investition befassen?


Stefan Katzer: Ein Industriebetrieb wird bei der Vakuumpresse den Fokus eher auf die wirtschaftlichen Aspekte legen. So werden für Formverleimungen keine Gegenschablonen benötigt, was Material und Arbeitszeit spart. Durch den atmosphärischen Druck, der überall absolut gleich anliegt, steigt die Qualität der Verleimung, denn es wird immer die maximale Leimfläche genutzt. Und da die Gefahr von Abdrücken durch Späne oder Staubkörner bei Hochglanz- Oberflächen minimiert wird, sinkt zusätzlich die Ausschussrate. Des Weiteren werden Stromkosten gespart, da unter Vakuum die Siedetemperatur von Wasser sinkt, und die Leimzeiten ohne die Verwendung von Hitze verkürzt werden. Weil das Werkstück nicht erwärmt wird und wieder abkühlen muss, verringert man zugleich die Gefahr des Verziehens sowie die Entstehung von Spannungen in Material und Leimfuge.

Um ehrlich zu sein, sollte auch jeder Handwerksbetrieb die oben genannten Vorteile bei seiner Investitions- Entscheidung in Betracht ziehen. Zusätzlich spielt bei den Handwerksbetrieben allerdings der Umstand eine große Rolle, dass manche Aufträge, beispielsweise Aufträge mit Formverleimungen, ohne die Vakuumpresse nicht wirklich konkurrenzfähig umsetzbar sind. Und der größte Faktor für Handwerksbetriebe ist wohl die Möglichkeit der Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen. So kann man mit der Vakuumpresse seiner Kreativität freien Lauf lassen, und Kunden Mehrwert bieten, welcher „von der Stange“ eben nicht zu bekommen ist.


möbelfertigung: Sie starten in einer Zeit, in der der Kontakt zu Kunden durch das Fehlen von großen Messeplattformen und Hausmessen erschwert wird. Wie gehen Sie vor?


Stefan Katzer: Gerade bei einer Technik wie der Vakuumpresse waren Großmessen wie die „Ligna“ oder die „Holz Handwerk“ immer sehr wichtig. Den Kunden die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten näher zu bringen, ihnen eventuelle Berührungsängste zu nehmen und sie mit meiner Leidenschaft ein wenig anzustecken… das alles wird wohl für eine ungewisse Zeitspanne anders werden. Eine Maschine mit hoher „Ansteckungsgefahr“ wegen einer hohen „Ansteckungsgefahr“ nicht zeigen zu dürfen, ist schon sehr ironisch. Aber so geht es wohl allen Herstellern und Händlern, daher hilft es nichts, den Kopf in den Sand zu stecken.

Es wird wohl ein Umdenken in der Branche stattfinden, jeder Hersteller wird sein Marketingbudget für nächstes Jahr überdenken und nach neuen Wegen suchen. Ich persönlich werde mein Netzwerk nutzen, um mit namhaften Partnerfirmen im Jahr 2021 kleinere Events zu veranstalten. Denn ich bin mir sicher, dass viele Kunden nach wie vor bei einer Investition sehr viel Wert darauflegen, die Maschine auch einmal live gesehen zu haben.

Webinars und Online-Präsentationen gewinnen sicher immer mehr an Wichtigkeit, aber man darf nicht vergessen, dass der Kunde das Bedürfnis nach einer persönlichen Aufklärung über neue Techniken hat. Schließlich haben viele ihr Leben lang Maschinen nur auf diese Art gekauft.


möbelfertigung: Wo können Kunden die Vakuumpressen live erleben und auch eigene
Produkttests vornehmen?


Stefan Katzer: Die Firma Global hat in Valencia einen großen Showroom, in dem permanent alle wichtigen Maschinentypen und viele Materialien zum Testen bereitstehen. Diese Tests kann der Kunde persönlich in Zusammenarbeit mit Fachpersonal vor Ort machen, oder auch sein Testmaterial schicken und die Tests
durch uns durchführen lassen. Gerade Industriekunden nehmen diesen Dienst gerne in Anspruch.

Zusätzlich möchte ich ein flächendeckendes Netz an Referenzkunden aufbauen, damit Kunden nicht zu
weit fahren müssen und sich auch mit Anwendern direkt über deren Erfahrungen austauschen können. Schon oft sind in der Vergangenheit aus solchen Referenzkundenbesuchen Netzwerke entstanden, bei denen Kunden sich gegenseitig im Bedarfsfall aushelfen.


möbelfertigung: Was sind Ihre Ziele für das erste Geschäftsjahr und auch für die ersten fünf Jahre von Atmos?


Stefan Katzer: Bis Ende 2021 möchte ich meine Firma Atmos Vakuumpressen am Markt für
Holzbearbeitungsmaschinen sowie in weiteren Branchen bekannt machen. Zusätzlich möchte ich ein Programm mit Workshops und Schulungen ins Leben rufen. Dieses Angebot soll sich nicht nur an Kunden von Atmos oder Global richten, sondern an jeden Handwerkskunden, Industriekunden, Heimwerker oder Lehrer, der sich im Bereich der Anwendungen mit Vakuumpressen weiterbilden möchten.

Innerhalb der nächsten fünf Jahre möchte ich mich mit Atmos branchenübergreifend als Ansprechpartner Nr. 1 für Vakuumpressen im deutschsprachigen Raum etablieren. Mein Ziel ist die Eröffnung eines Technikums in Deutschland. Dieses soll ein Anlaufpunkt werden für Erfahrungsaustausch, Produkttest und Materialentwicklungen. Viele Partner haben mir hier bereits Ihre Unterstützung zugesichert und ich freue mich schon jetzt auf viele interessante Projekte. Mit einem guten Netzwerk steht man halt auch als Einzelkämpfer nie alleine da.


Das Interview führte Doris Bauer

Erschienen in der möbelfertigung Ausgabe 6 / 2020

https://www.moebelfertigung.com/news/28148