
Spricht man heutzutage in der Holzbearbeitung von Wertschöpfung, so gehen die Gedanken häufig zuerst in Richtung Kostenoptimierung durch Verbesserung der Arbeitsabläufe, Digitalisierung und Vernetzung. Der wichtigste Grundsatz sollte allerdings nach wie vor die Befriedigung von Kundenbedürfnissen sein. Eine Vakuumpresse bietet hierbei in vielerlei Hinsicht Möglichkeiten, die Erwartungen des Kunden sogar noch zu übertreffen, und somit eine nachhaltige Wertschöpfung zu sichern.
Seit jeher begeistern Möbelbauer und holzbearbeitende Betriebe Ihre Kunden mit Ihrer Kreativität und dem meisterhaften Umgang mit verschiedensten Materialien. Die Optimierung aller Arbeitsabläufe und die durch Industrie 4.0 ständig fortschreitende Automatisierung ändert nichts am Grundgedanken dieser Berufszweige: „Den Kunden mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen, ihm sowohl alltägliche als auch außergewöhnliche Wünsche zu erfüllen und ihm am Ende ein neues Lieblingsstück zu liefern.“ Denn egal ob Privatkunde oder Geschäftskunde, im Kern sind wir alle gleich: Wir erfreuen uns an außergewöhnlichen Meisterwerken und lieben das angenehme Gefühl einer schönen Form und einer perfekten Oberfläche.
Da bei der Realisierung der vielseitigen Kundenwünsche natürlich auch die wirtschaftlichen Aspekte eine große Rolle spielen, ist der Stellenwert der Vakuumpresse als sinnvolle Ergänzung im Maschinenpark in den letzten Jahren rapide gestiegen. Je nach Ausführung können Formteile aus Biegesperrholz oder Mineralwerkstoff hergestellt werden, ohne dass zur Schablone auch noch eine Gegenschablone gefertigt werden muss. Bauteile werden mit Furnier, Schichtstoffen, Leder, 3D-PVC-Folie und weiteren Materialien ummantelt und individualisiert. Auch Kunststoffe und Faserverbundwerkstoffe aus der Composite-Industrie können mit dieser Technik perfekt in Form gebracht und/oder veredelt werden.
Möglich macht diese Fülle an Möglichkeiten die Natur selbst, denn es wirkt ausschließlich der Druck der Atmosphäre. Bei einer Membranpresse mit 3.000 x 1.400 mm wirken bei maximalem Vakuum beeindruckende 42 Tonnen auf die gesamte Fläche. Das sind 10 Tonnen pro Quadratmeter, die auf jedem Quadratmillimeter exakt gleich drücken. Und das sowohl bei geformten als auch bei flachen Werkstücken. Daher werden die Vakuumpressen auch immer beliebter wenn es um das flächige Furnieren oder das Belegen mit Schichtstoff geht. Neben der perfekten Druckverteilung ist die Membran der Presse nämlich gleichzeitig sehr schonend im Umgang mit den Oberflächen. So gibt es beispielsweise keine Abdrücke, wenn mal ein Span oder ein Staubkorn auf einer Hochglanzoberfläche liegt.
Erzeugt wird das Vakuum in der Regel mit einer Drehschieberpumpe, wobei man hier zwischen trockenlaufenden und ölumlaufgeschmierten Modellen unterscheidet:
– Eine ölumlaufgeschmierte Vakuumpumpe evakuiert ca. 99.9% des umgebenden Luftdrucks, gewährleistet einen maximalen Pressdruck von ca. 10 t/m² und senkt den Siedepunkt von Wasser auf unter 20° C. Bei der Verwendung von Weißleim werden die Leimzeiten dadurch stark gesenkt, wodurch dieses Modell bei den holzbearbeitenden Betrieben meist bevorzugt wird.
– Eine trockenlaufende Vakuumpumpe erreicht je nach Typ ein Vakuum von 85 bis 90 Prozent, was zu einem Pressdruck von ca. 8,5 bis 9 t/m² führt und den Siedepunkt von Wasser auf ca. 60° sinken lässt.
Auch bei der Membran stehen für die verschiedenen Anwendungen zwei sehr dehnfähige Varianten zur Auswahl:
– Eine Membran aus Naturkautschuk besticht mit Ihrer hohen Rückstellfähigkeit und Kerbfestigkeit, und ist bei der Holzbearbeitung die erste Wahl.
– Silikonmembranen kommen immer dann zum Einsatz, wenn Temperatur im Spiel ist. Da diese Membranen eine Temperaturbeständigkeit bis zu 230°C haben, eignen sie sich optimal für die thermoplastische Verformung von Materialien wie Mineralwerkstoff und Kunststoff.
Die Funktionsweise einer Vakuumpresse ist schnell erklärt, mit den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten hingegen könnte man Bücher füllen:
Zwischen der Membran und der ebenen Arbeitsfläche wird ein dichter Pressraum geschaffen, der mithilfe der oben erwähnten Vakuumtechnik evakuiert wird. Je höher nun die Differenz zwischen dem Druck im Pressraum und dem umgebenden Luftdruck wird, desto stärker drückt die Atmosphäre auf das Werkstück. Vergleichen kann man dieses physikalische Gesetz mit einem U-Boot im Meer: Im U-Boot herrscht der Luftdruck wie auf Meereshöhe, die Differenz zum Wasserdruck steigt aber mit jedem Meter, den das U-Boot tiefer abtaucht. Einfach gesagt befinden wir uns auf dem Grund eines riesigen Luftmeeres, und von oben und von allen Seiten drückt eine enorme Luftsäule auf den Pressraum der Vakuumpresse, sobald der Druck im Pressraum verringert wird. Es sind somit die gleichen Gründe, warum ein U-Boot und eine Schablone für die Formverleimung ausreichend stabil gebaut werden sollten.
Bei den Anwendungsgebieten gibt es für Holzbearbeiter unzählige Möglichkeiten, sich diese physikalischen Grundlagen zunutze zu machen.
Formverleimung
Die Formverleimung ist zweifelsfrei die Paradedisziplin der Vakuumpresse, da hier mit geringem Aufwand beeindruckende Endergebnisse erzielt werden können. Dabei kann auf den Einsatz einer Gegenschablone verzichtet werden, was Zeit und Material spart. Da immer 100% der verfügbaren Leimfläche genutzt wird, ergeben sich auch bei der Leimwahl mehr Möglichkeiten als bei der klassischen Formverleimung. Durch die Senkung des Siedepunktes von Wasser werden zudem die Leimzeiten bei der Verwendung von Weißleim verkürzt, was beim allseits bekannten Zeitdruck wiederum etwas Druck aus der Angelegenheit nimmt.
Furnieren von Flächen
Auch hier wirkt sich die Verkürzung der Leimzeit positiv aus. Bei herkömmlichen Furnierpressen muss viel Energie aufgewendet werden um den gleichen Effekt zu erzielen. Bei einer Vakuumpresse kommt man dagegen mit ca. 150 Watt/Stunde aus, was diese Technik schon allein aus Gründen der Nachhaltigkeit zu einer interessanten Alternative macht. Zudem ist die Vakuumpresse ohne jede Vorheizzeit sofort einsatzbereit, und sorgt auch bei Differenzen im Trägermaterial, der Furnierstärke und der Leimmenge für ein perfektes Endergebnis. Der atmosphärische Druck minimiert zusätzlich die Gefahr des Leimdurchschlags.
Beschichten mit Schichtstoff, Leder und weiteren Materialien
Die absolute gleichmäßige Druckverteilung sorgt für eine hohe Prozesssicherheit. Und das bei harten Materialien wie HPL ebenso wie bei weichen Materialien wie Leder oder Filz. Gerade neue Materialien sicher verleimen zu können eröffnet ein großes Spektrum an Anwendungen. Neben Optik und Haptik können somit auch akustische Anforderungen erfüllt werden. Die Wertschöpfung bleibt dabei immer im eigenen Betrieb, sowohl bei der Entwicklung von Prototypen als auch bei der Serienfertigung.
Ummantelungen mit Furnier und anderen Materialien
Gestaltung und Design machen Werkstücke einzigartig. Mit der Vakuumpresse kann der Anwender seiner Kreativität freien Lauf lassen, und das Trägermaterial mit verschiedensten Materialien ummanteln. Eine optische Harmonie wird zum Beispiel dann erreicht, wenn bei einem Werkstück für die Ummantelung von Profilen das gleiche Furnier wie für die Flächenverleimung verwendet wird. Zusätzlich ergibt sich die Möglichkeit, mit einfachen Mitteln individuelle Musterstücke herzustellen. Diese können dem Kunden bei einem Termin überlassen werden, um den positiven Eindruck zusätzlich mit einem haptischen Highlight zu garnieren. Denn letztendlich gilt es bei der Präsentation der eigenen Leistung jede Möglichkeit zu nutzen, um den Kunden von der Qualität zu überzeugen, die ihn bei einem Meisterbetrieb erwartet.
Anleimen, Aufleimen, Verleimen
Da der atmosphärische Druck von allen Seiten absolut gleich wirkt, können auch Kanten und Glasleisten angeleimt, Dekorelemente und Intarsien aufgeleimt sowie Massivholz verleimt werden. Für die Massivholzverleimung (z.B. für Treppenpfosten) müssen die einzelnen Kanthölzer allerdings frisch abgerichtet sein. Für eine klassische Plattenverleimung aus Kanthölzern ist die Vakuumpresse aufgrund der Druckverhältnisse aber nicht geeignet.
Thermoplastische Verformung
Materialien wie Mineralwerkstoff und Kunststoff lassen sich in der Vakuumpresse auch perfekt in Form bringen. Neben der bereits angesprochenen Silikonmembran wird hierzu noch eine Vorheizstation benötigt. Neben alleinstehenden Vorheizstationen gibt es auch platzsparende Maschinen-Kombinationen aus Vakuumpresse und Vorheizstation. Für die schonende Erwärmung finden entweder Heizplatten oder Heißluft-Systeme Verwendung. Bei den Crossflow-Vorheizstationen vom ATMOS-Partner Global werden die Werkstoffe von einem geschlossenen Luftkreislauf umgeben. Hohe Temperatur-Unterschiede werden somit vermieden und eine gleichmäßige Erwärmung von der Werkstückmitte bis in die Ecken gewährleistet.
Neben dem Einsatz im Gesundheitswesen, Küche und Bad (hygienisch und pflegeleicht) werden Mineralwerkstoffe inzwischen immer mehr im modernen Objektbau eingesetzt. Die Kombination aus fugenlosen Oberflächen in brillanten Farben und einer sehr angenehmen Haptik begeistert gleich zwei der menschlichen Sinne: Das Sehen und das Fühlen. Die ständige Weiterentwicklung der verschiedenen Hersteller erweitert zusätzlich die Einsatzmöglichkeiten. So werden Mineralwerkstoffe für thermoplastische Verformungen immer flexibler, und es gibt sogar schon einen Mineralwerkstoff, der eine luftreinigende sowie antibakterielle Wirkung hat.
Sublimation
Mit der Vakuumtechnik kann aus den Mineralwerkstoffen und Kunststoffen aber noch wesentlich mehr Potential herausgekitzelt werden. Bei der Sublimation werden Farbpigmente durch ein optimal abgestimmtes Zusammenwirken von Hitze und Unterdruck direkt in die Oberfläche des Werkstoffes übertragen. Die sublimierten Werkstücke können dann entweder flach eingesetzt werden, oder mit der Vakuumpresse auch noch thermoplastisch verformt werden. Durch eine Hinterleuchtung können zusätzliche Akzente gesetzt werden.
Ähnlich wie bei einer 5-Achs-CNC liegt es also auch bei der Vakuumpresse an der Kreativität des Anwenders, wieviel des vorhandenen Potentials der Technik genutzt wird. Wertschöpfung entsteht, wenn Kundenanforderungen erfüllt werden. Wer die Kundenwünsche allerdings weit übertrifft, kann die Wertschöpfung enorm steigern, und zwar in einen Bereich jenseits vom Mittelmaß.