HEIß UND FERTIG

von 4. Dezember 2018Allgemein

dds magazin stefan katzer vakuumtechnik titelbild dezember 2018

Neben der Form- und Flächenverleimung, kann die Vakuumpresse in Kombination mit verschiedenen Heiztechniken in der Schreinerei bei vielen weiteren Anwendungen gewinnbringend eingesetzt werden. In diesem Artikel in der Fachzeitschrift DDS erkläre ich die technischen Hintergründe und die beeindruckenden Möglichkeiten beim Arbeiten mit der Vakuumpresse.

Verformung von Mineralwerkstoffen

Im modernen Möbel- und Objektbau sowie in Krankenhäusern und Kliniken sind Mineralwerkstoffe längst ein fester Bestandteil bei der Materialwahl. Für den Verarbeiter liegen die größten Vorteile in der thermoplastischen Verformbarkeit des Materials und der optisch fugenlosen Verarbeitung. Durch die thermoplastischen Eigenschaften lassen sich viele Materialien perfekt in Form bringen und die VAKUUMPRESSE spielt hier viele Trümpfe auf einmal aus: Absolut gleichmäßige Druckverteilung, auch in engen Radien, durch die extrem dehnfähige Silikon-Membran sowie ein schonender und beschädigungsfreier Pressvorgang gewährleisten höchste Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass der Druck nicht durch die Membran erzeugt wird, sondern mit einer Vakuumpumpe die Luft im Pressraum unter der Membran evakuiert wird, wodurch außerhalb der Membran ein wesentlich höherer Luftdruck herrscht als im Pressraum. Als Folge wirkt der atmosphärische Druck mit 8,5 – 10 t/m2 (je nach verwendeter Vakuumpumpe) an jedem Quadratzentimeter des Werkstückes genau gleich.

Schonende Erwärmung

Doch bevor der Mineralwerkstoff oder Kunststoff verformt werden kann, muss er auf die notwendige Temperatur gebracht werden (Mineralwerkstoff meist zwischen 150 und 170°C). Hierfür bietet ATMOS in Kooperation mit der Firma Global sowohl reine VORHEIZSTATIONEN als auch Kombinationsmaschinen aus Vakuumpresse und Vorheizstation. Für eine schonende Erwärmung haben sich zwei verschiedene Heiztechniken bewährt: Vorheizstationen mit einer oder zwei Heizplatten bieten bei großen Stückzahlen und industriellen Fertigungen klare Vorteile. Für die individuelle Fertigung beim Schreiner kommt meistens eine Vorheizstation mit Heißluft zum Einsatz. Die Crossflow-Modelle der ATMOS-by-GLOBAL-Serie sorgen mit ihrer einzigartigen Heißluft-Technologie, durch seitlich montierte Konvektionsheizelemente mit Querstromventilation, für einen spannungsfreien Aufheizzyklus. Das Material wird bei dieser Technik bis in die Ecken von einem geschlossenen Luftkreislauf erwärmt. Diese Technologie eignet sich auch hervorragend zum Tempern von Acrylglas und ähnlichen Materialien.

Den Kunststoff biegen, solange er heiß ist…

Kunststoffe wie PVC, ABS und PMMA (Acrylglas) zeichnen sich durch Eigenschaften wie Langlebigkeit, Witterungsbeständigkeit und ein geringes Gewicht aus. Thermoplastisch verformt, ergeben sich vollkommen neue Anwendungsgebiete. Bei einigen Kunststoffen ist das Temperatur-Fenster, in dem das Material optimal verformt werden kann, nur sehr klein; daher muss das erwärmte Material so schnell wie möglich in die letztendliche Form gebracht werden. Mit einer leistungsstarken VAKUUMPUMPE und ggf. mit einem großen Tank, lassen sich die Evakuierungszeiten entsprechend verkürzen.

Tiefziehen von Kunststoffen

Auch bei komplexen, dreidimensionalen Werkstücken kann die Vakuumtechnik eingesetzt werden. Bei dieser Anwendung wird aber keine Membran verwendet, sondern dünne Platten aus ABS, PMMA oder anderen Kunststoffen werden entweder mit Infrarotstrahlern oder Heißluft erwärmt und dann mit Vakuum über die Werkstücke tiefgezogen. Beim Modell Sprinter Plastics kommen beispielsweise 90 Infrarot-Strahler zum Einsatz, welche über SPS mit neun individuellen Heizzonen angesteuert werden können und somit während dem automatischen Arbeitszyklus eine gleichmäßige Erwärmung des Materials garantieren. Industrieturbinen unterstützen und verkürzen den anschließenden Abkühlprozess.

Kaschierung mit 3D-PVC-Folie

Bei dieser Tiefzieh-Anwendung übernimmt eine 3D-Folie aus PVC die Aufgabe der Membran und bildet nach oben den Abschluss des Pressraumes. Durch Quarzglas-Heizelemente oder Konvektions-Heizelemente wird die Folie nun auf die notwendige Temperatur gebracht und durch das Vakuum über die Werkstücke tiefgezogen. Für ein Maximum an Detailgenauigkeit kommt hierbei eine ölumlaufgeschmierte Vakuumpumpe mit einem Vakuum von über 99% zum Einsatz. Durch die SPS-Steuerung können sowohl Heizkurven als auch Vakuum-Druckschritte genau definiert werden. Wurde diese Technik früher hauptsächlich in der Möbelindustrie für große Serienfertigungen eingesetzt, so bieten heute außergewöhnliche Designs und Prägungen der 3D-Folie sowie erschwingliche Vakuumpressen auch dem Schreiner eine weitere Möglichkeit für eine individuelle Fertigung. Beispielsweise können auf der 5-Achs-CNC hergestellte, dreidimensionale Oberflächen mit der 3D-Folienkaschierung noch besser in Szene gesetzt werden.

Composites / Prepregs

Verbundwerkstoffe vereinen die Werkstoffeigenschaften von zwei oder mehr Materialien. Bei Prepregs ergeben die, mit Reaktionsharzen vorimprägnierten, Faser-Matrix-Halbzeuge eine hohe und gleichmäßige Qualität bei relativ kurzen Taktzeiten. Hauptsächlich eingesetzte Fasertypen sind hierbei Glasfasern und Kohlenstofffasern; für die Matrix werden überwiegend Harze auf Epoxidharzbasis verwendet.

Sublimation

Beim Sublimations-Prozess werden Fotos, Texte oder Muster in den Mineralwerkstoff oder den acrylbasierten Werkstoff übertragen, so dass ein dauerhaftes Bild in der Oberfläche entsteht. Das Zusammenspiel von Hitze und Vakuum sorgt für faszinierende Ergebnisse und steigert das gestalterische Potential von Mineralwerkstoffen und Acrylglas enorm. Das sublimierte Material kann anschließend in der gleichen Weise wie unsublimiertes Material thermoplastisch verformt werden. Durch eine Hinterleuchtung transparenter Werkstücke lassen sich weitere Akzente setzen und das Motiv kommt noch stärker zur Geltung. Neben den bereits beschriebenen Materialien lassen sich auch sämtliche Oberflächen sublimieren, die mit einer acrylbasierten Beschichtung versehen werden können.  Die Möglichkeiten der Individualisierung werden somit neu definiert.